El Zunzún und La Tijera
Der Kühlschrank ist fast leer und der Vorratsschrank auch. Wir müssen einkaufen, meint der Mann.
Die beiden stehen vor dem Lebensmittelkaufhaus El Zunzún. Hier kann man mit nationalem Geld einkaufen, erklärt er. Vor der Eingangstüre die Leute angestellt. Drängelei, ein Türsteher, der darauf achtet, dass nicht zu viele Personen auf einmal das Geschäft betreten.
Der Mann und die Frau begeben sich zu der Theke, wo man Bier und Yoghurt bekommt. Drei Verkäuferinnen lehnen an der Tiefkühltruhe und unterhalten sich. Eine der drei weist freundlich darauf hin, dass es das Bier auch gekühlt gibt, aber zur Zeit keine große Flasche Cola erhältlich ist. Es gibt mehr Verkaufspersonal im Geschäft als Kunden.
An diesem Tag kann man kaufen: 1-kg-Dosen mit Paradeissauce, Kräcker, die in der Fabrik in der Straße Nummer 2 Süd gebacken werden, Suppenwürze von Maggi, zwei Sorten Bier in Dosen, Cazique und Mayabe. Orangenlimonade in Eineinhalb-Liter-Flaschen, Suppennudeln und getrocknete schwarze Bohnen sowie das dünne Yoghurt in Plastikfolie, tiefgefroren. Immerhin aus Kuhmilch diesmal und nicht aus Sojamilch wie sonst.
Frische picksüße Zucker-Eischneetortenschnitten an der zweiten Theke rechts, sehr beliebt und die eigentlichen Verursacher der langen Warteschlangen am Eingang. Von den beiden nach Hause transportiert auf Kartonstücken.
Vor dem Geschäft kann man bei einem alten Mann Plastiksackerl kaufen. Zu Hause werden sie gewaschen und wieder und wieder und wieder verwendet. Die rosa Sackerl von Bipa, in denen die Mitbringsel für Familie und Freunde verpackt waren, hatten helle Freude ausgelöst.
Heute gibt es in einem weiteren Laden Käse und in der Tiefkühltruhe Huhn. Und Kaffee, endlich. Gefrorenes Rinderfaschiertes aus Chile nehmen sie mit, denn wer weiß, ob es das in den nächsten Tagen wieder zu kaufen gibt. Und Butter aus Deutschland. Es heißt schnell sein, wenn etwas erhältlich ist, erklärt der Mann, weil es immer nur ein gewisses Kontingent gibt.
Dann noch in den Supermarkt La Tijera, die Schere, dort suchen die beiden Marmelade und einen Fahrradschlauch, doch den gibt es nur in Havanna zu kaufen. Havanna ist weit weg. Über neunhundert Kilometer. Das alte Fahrrad ist kaputt. Ohne Fahrrad ist es sehr schwierig, irgendwo hinzukommen. Hier in diesem Kaufhaus befinden sich mehrere voneinander getrennte Abteilungen, Elektro, Parfumerie, Lebensmittel, Fleisch, Hygieneartikel, Haushaltswaren, Kleidung, Schuhe. Die Auswahl ist sehr überschaubar. Sie finden nichts von dem, was sie brauchen, jedoch eine Vitrine voll mit teuren Gartenzwergen aus chinesischer Produktion und viele Plastikboxen in verschiedenen Größen. Sie entdecken ein Eau de Cologne namens „Alejandro“. Es riecht gut, sagt der Mann, er schnuppert. Diesen Duft hat es schon lange nicht gegeben hier, meint er. Ach ja, Alejandro war der Deckname Fidel Castros, seinerzeit am Beginn der Revolution. Die Frau staunt.
Hinter der Theke der Werkzeugabteilung sitzt eine Verkäuferin und feilt sich die Nägel. Man wartet einige Zeit, bis sie aufsieht, aber nicht die beiden an, sondern eine näherkommende Kollegin, die etwas erzählen will, sie plaudern einige Zeit. Der Mann und die Frau warten und ernten einen gelangweilten Blick, als sie sich bemerkbar machen. Den Schraubenzieher gibt es sowieso nicht, erhalten sie als Auskunft. Und den Schneebesen, den sie seit Wochen suchen, Fehlanzeige. Eine Schere ist in La Tijera ebenfalls nirgends zu entdecken.
Gemüse und Obst werden von Straßenverkäufern angeboten, (Sie rufen: hay tomates, pepino, frijoles, ajo …), Dann läuft der Mann schnell hinaus vor das Haus, um zu kaufen.
Oder man kann es auf mehreren kleineren über die Stadt verteilten Märkten erstehen oder im großen zentralen Markt. Manchmal gibt es dort Schinken, unter der Hand natürlich. Die beiden sehen: Kochbananen, grüne und rote Paprika, Zwiebel, Koriandergrün, Petersilie, Kürbis. In einer Ecke der Fleischhauer. Er offeriert Huhn und Schwein heute.
Die beiden kaufen: Zitronen und Fisolen, aber nicht im Markt, sondern davor bei einem Straßenhändler. Andere bieten an: Strohbesen, Kekse selbstgebacken, Spaghetti lose, aus der Spaghettifabrik, an den Kontrollen vorbeigeschmuggelt. In den Geschäften gibt es momentan keine Spaghetti zu kaufen.
An manchen Hauseingängen Imbissstände, kleine Händler, die Sandalen ausstellen oder Krimskrams: Haargummi, Putzschwämme, Schrauben, Nagellack. Lichtschalter aus Kunststoff. Alles für nationale Pesos. Andere verkaufen Kräcker und Bier oder Guyabapaste, die hier gerne mit Käse als Nachspeise gegessen wird.